Über Günther Mancke

So entstand der Weißenseifener  Hängekorb

Gunther Mancke
Photographié par JAN MICHAEL lors de la conférence du Jubilé Rudolf Steiner au Goetheanum/Suisse

Günther Mancke studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf, Deutschland, bei Professor Mattaré, dem er seinen besonderen Zugang zur Kunst, zur Umwelt und vor allem zu Bienen verdankt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Günther Mancke mit einigen Studienkollegen in der Eifel nieder. Mitten im Wald, in einer damals noch unberührten Landschaft, gründete er in Weißenseifen eine Künstlerkolonie, die einige Jahre später um ein heilpädagogisches Wohnheim erweitert wurde, wo auch u.a.die  Hängekorb geflochten wurden

So kam Günther Mancke zu den Bienen

In den 50er Jahren schenkte ihm ein Bauer einen Bienenstock, einen sehr engen, blau gestrichenen Bienenstock. Wenn man neue Bienen bekam, saß man stundenlang davor. Er konnte keine Verbindung zwischen dem inneren Wesen und der äußeren Erscheinung herstellen, und das ist das wesentliche Prinzip, das seine gesamte Entwicklung geleitet hat. Im Inneren konnte man das Summen und die Wärme des beliebten Wesens, den warmen und unwahrscheinlichen Geruch einer solchen Box nicht mit der Enge der Brust und vor allem mit der Farbe Blau in Einklang bringen, wo man nur Kälte empfinden kann. Daraufhin hat er, so gut es ging, Stöcke aus Stroh hergestellt und war damit sehr zufrieden. Das Material des Strohs entsprach dem, was ihm gefiel, dieses Sonnengelb und die runde Form.

Günther machte das eine Zeit lang und irgendwann,hörte er damit auf.
Einige Jahre später nahm er seine Bienenhaltung wieder auf und schaute diese schönen romantischen Bienenstöcke an und kam zu dem Schluss, dass es das nicht war, dass diese Körbe zwar einen runden Grundriss und eine gewisse Wärmeform hatten und oben abgeschlossen waren, aber dass es im Grunde nur ein Zylinder war.

Inspiriert durch ein Buch, das eine freie Konstruktion von Bienenwaben in einem Baum darstellte und auf wunderbare Weise das ganze Volk zeigte, wie es sich präsentierte,beschäftigte sich Günther dann etwas mehr mit dem Thema und machte weitere Entwürfe.

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Eine Bienenkette während der Installation eines Natur Schwarmes in unserem Weißenseifener  Hängekorb. Foto: Jan Michael /Rucher Ecole Villa le Bosquet.

Entdeckung der  Kettenkurve: Mittlerweile  hatte er 13 bis 15 Versuchsvölker, darunter einen Prüfstand im Wohnzimmer mit  einem Loch in die Wand, durch das die Bienen in den Beobachtungskasten fliegen konnten, so dass man den Baufortschritt beobachten konnte.Es hängte jeden Tag eine Kette daran und sah: Egal, welche Kurve, es ist immer eine Kettenkurve. Dann sah er die Verbindung zwischen den Baubienen, die sich in einer Kette aufhängen.Er verfolgte diese Spur sehr genau.

Der Hängekorb, den er entwickelte hat die Form einer Kette und wurde dann an dem unteren Teil etwas abgerundet, so dass das Ganze eine gewisse Eiform bekam, also auch eine thermische Form, mit dem Anflugtrichter unten. Ein paar Jahre lang wurden immer wieder Verbesserungen vorgenommen. Damals hatte er noch eine Alternative, und vermutete , dass die Leute wahrscheinlich nicht so schnell akzeptieren würden, dass so etwas aufgehängt wird, und schon gar nicht in einer Höhe von 2,50 m – was eigentlich den Bedürfnissen der Bienen entspricht. So baute er  im gleichen Prinzip so eine Beute als Standkorb. Die innere Struktur war genau die gleiche – beides sind bogenförmige Beuten. Wenn schon eine hängende Beute verwenden, dann muss es auch stimmig sein und so ist er dann zu den Standbeuten zurückgekehrt.Er hat dann etwas ungewöhnliches am Prinzip der Körbe entwickelt, diese Beweglichkeit der Waben mit speziellen geformten Halbrahmen.
Es ist eine Kombination aus einer stabilen und einer beweglichen Konstruktion. Eigentlich ist es eine stabile Konstruktion, bei der man die Möglichkeit hat, sie zu überprüfen und gegebenenfalls einzugreifen.

Dieser Korb war eigentlich die Antwort auf eine ursprüngliche Frage: Was ist der Inhalt und die Form, was ist die Beziehung zwischen Inhalt und Form.

Ein  Bogenrahmen bedeckt mit Propolis aus unserem Hängekorb 2014 und eine Zeichnung von Gunther Mancke.

Das ist eine sehr spezielle künstlerische Frage, die heutzutage gar nicht mehr gesucht wird.

Einlogieren eines Bienenschwarmes (Ausschnitt aus einem Video von Mellifera.de)

Nach einer Begegnung auf einem Imkerkongress mit  Thomas Radetzki entstand dann eine jahrelange Zusammenarbeit, die wohl auch am Hängekorb Einfluss nahm woraus auch die bekannte Skulptur entstand die hier abgebildet ist.

Für dieses Kunstwerk war eine bestimmte Frage wichtig,: das innere Wesen der Biene in einem plastischen und künstlerischen Objekt auszudrücken und einzugreifen, wenn es nötig ist.
Dieser Korb ist die Antwort auf eine ursprüngliche Frage: Was ist der Inhalt und die Form, was ist die Beziehung zwischen Inhalt und Form.

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Die Skulptur von Günther Mancke  mit einer echten Schwarmtraube auf der Fischermühle von Mellifera e.V., fotografiert von Jan Michael

Das war der Ausgangspunkt. Günther Mancke erzählt : »Wir haben es dann im Betonbogen als irdischem Element und in der Himmelskurve umgesetzt, dann in der Anordnung der Wabe in zwei verschiedenen Richtungen: Zum Eingang hin ist es eine aktive spiralförmige Zentrifugalbewegung mit einem Blick nach innen, wo sich uns die goldene Biene präsentiert; die Rückseite hat eher ein traumhaftes Element in ihrer Gestaltung. »

Dieses Kunstwerk drückt sein Bestreben aus, den Inhalt durch die Form sichtbar zu machen.

Am 30. September 2020 ist Günther Mancke im Alter von 95 Jahren verstorben.

Textquelle: Aus dem  Interview 2003 von Thomas Radetzki, Bienenaktivist und Mitbegründer des Vereins Mellifera e.V.,Vorstandsvorsitzender und Initiator der Aurelia-Stiftung in Berlin...

Multimedia von Jan Michael

Anmerkungen aus Sicht des Bienenschutzes

Der Weißenseifener  Hängekorb, auch unter dem Namen SUN HIVE bekannt , ist bei alternativen Imkern in vielen Ländern sehr beliebt und hat viele Bewunderer in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und den USA, aber auch ein bischen bei uns in Frankreich.

Wir haben von Günther gelernt, das Bienen ihre Waben auf natürliche Weise nach der Form der Kettenlinie  mit den entsprechenden eiförmigen Kurven bauen. Das von Günther Mancke entwickelte SUN HIVE-Design ist somit die ideale Form, die sich perfekt an die Natur der Bienen anpasst und zu Recht als wesensgemässe Bienenhaltung bezeichnet werden kann. Eine Bienenwohnung, die dieser Form am nächsten kommt und von außen gut isoliert ist , wäre dann aus Sicht der Bienen der beste Bienenstock, da es im Inneren dieses Korbes keine Ecken oder Flächen gibt, in denen sich Feuchtigkeit und kalte Luft ansammeln können, gut zu belüften und leicht  von den Bienen zu beheizen ist , somit den Bienen ein besseres Überleben ermöglicht.

Die Möglichkeit, das Brutnest zu öffnen, und die Verwendung von Rähmchen helfen zwar dem Imker in seiner Betriebsweise , aber nicht den Bienen. Dieser Kompromiss, den Günther Mancke wohl aus Rücksicht auf einige Imker eingegangen ist, steht meiner Meinung nach einer möglichst naturnahen Bienenhaltung im Weg und erfordert aus Sicht des Bienenschutzes einige Änderungen an diesem doch idealen Lebensraum.

Wir können mit Stolz behaupten, dass unser Weißenseifener Hängekorb,  geflochten in der Werkstatt Haus Michael in Künstlersiedlung Weißenseifen seit 2014 zum ersten Mal in Frankreich auf unserem Schulbienenstand Villa le Bosquet  eingesetzt wurde doch seit einigen Jahren  nicht mehr von Bienen bewohn war.

Im Herbst 2023, habe ich meinen alten, verlassenen Hängekorb aus einem neuen Blickwinkel wiederentdeckt und das Design des Korbes umso mehr lieben gelernt.
Unter weglassen der Rahmen und des Zwischenbrettes wurde der Korb ohne Kompromisse einzugehen zu meiner nun so benannten SUN HIVE-PLUS umgebaut.Aus Sicht der Bienen ist dieser  Korb ein perfekter Unterschlupf, um im Zeitalter des Klimawandels besser darin zu überleben.

Text: JAN MICHAEL,  Team rucher école Villa le Bosquet, France

Meine SUN HIVE -PLUS

Um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden und die bisher etwas komplizierte Herstellung und Nutzung des Hängekorbes zu vereinfachen, haben wir daran einige wichtige  Änderungen vorgenommen.